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Eine Geschichte über eine Rabenmutter!

Ich habe mein Kind angeschrien.

Die Rolle als Mama ist wohl eine der spannendsten, die ich je übernommen habe. Allerdings fiel ich genau aus dieser raus und erkannte mich selbst nicht wieder.

Es war ein sehr heißer Sommertag. Die Nacht war sehr unruhig und kurz, der Morgen chaotisch und laut. Es fühlte sich so an, als ob Olivia mit dem Gedanken aufstand „: heute mach ich meine Mama fertig!“ Meine kleine Rebellin hat immer wieder, so berühmte Wochen, in denen es wirklich heftig ist. Naja, starke Frauen braucht die Welt oder?

Ich will hinzufügen, dass das nicht Tag Nummer eins war, an dem sie ziemlich…nennen wir es…herausfordernd war, sondern ca. Tag Nummer Hundert. Ich ging gleich mit ihr in den Garten, in der Hoffnung, dass sie sich ein wenig entspannt, das klappte leider nur mäßig. Kochen und die Dinge die man eben am Vormittag macht, was soll ich sagen…es hing ein Bündel Verärgerung an meinem Fuß, das sich nicht beruhigen ließ. „Tragen Mama“ das waren die Worte, die Olivia den ganzen Sommer gefühlt tausend Mal am Tag sagte. Nach dem Mittagessen legte ich sie zum Mittagsschlaf hin, zumindest versuchte ich es. Nach einer Stunde voller Tränen und lautstarkem Protest, schlief sie ein. Ich saß neben dem Bett und atmete kurz durch. Als ich, so leise wie ein Ninja, das Kinderzimmer verlassen wollte, knackte mein Fuß. Mein Körper bewegte sich keinen Millimeter mehr, ich war wie gefroren, mit großen Augen und offenem Mund drehte ich mich zu ihr um. „Nein“, dachte ich. Sie saß im Bett und sah mich an „Tragen Mama“…Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf, atmete durch und holte sie aus dem Bett. Eine weiter halbe Stunde verging, und ich startete einen 2. Versuch. Wieder schlich ich aus dem Zimmer, ich konnte schon das Licht sehen, die Küche, das Sofa, das schrie „: komm Hannah leg dich hin, du bist doch so müde“! KNACK,“nein“ dachte ich, es war dieses Mal nicht mein Fuß, es war die Tür. Mein Herz hüpfte, ich drehte mich mit leicht zusammen gekniffenen Augen um, ich Biss mir auf die Lippe und hoffte, dass mein kleines Mädchen noch schläft. Tja…der Mittagsschlaf nahm somit ein Ende.

Wir haben eigentlich wenig Probleme mit Schlafen gehen. Ich bin so eine extrem rebellische Phase bei ihr auch absolut nicht gewöhnt.

Ich nahm sie aus dem Bett und dachte mir, am besten wir unternehmen etwas. Draußen hatte es über 30 Grad, was Olivia bestimmt auch spürte. Lass uns schwimmen gehen.

Ich habe dann alle Sachen zusammengepackt. Auch bei diesem Vorhaben wurde ich wieder bis an meine Grenzen getrieben. Während ich alles in die Tasche steckte, räumte mir Olivia alles wieder aus. Ich erklärte ihr mit ruhigem Ton, dass sie das bitte nicht machen solle. Sie schaute mich an und zerlegte mir die ganze Tasche. Ich schob Olivia leicht auf die Seite und stellte die Tasche auf den Tisch…hinter mir kam eine Welle aus lauten, wütenden Schreien. Wieder atmete ich tief durch und ging zu den Schuhen. Ich denke das lassen wir jetzt aus, sonst wird der Beitrag zu lange…jeder kann sich vorstellen, wie sich das Schuhe anziehen an solch wunderschönen Tagen gestaltet.

Im Schwimmbad angekommen. Fertig…müde…hungrig. Das erste was aus Olivias Mund kam „:EIS“! Von mir aus…vielleicht hilft das Eis um die Laune ein wenig zu heben. Wir holten das Eis, sie leckte zwei Mal dran, dann wollte sie ein anderes. Wieder ging ich mit einem schreienden Kind zurück zum Platz. Ich sag euch Leute, ich wollte schreien. Ich wollte schreiender durch das Bad laufen!

Ich traf eine Freundin. Sie saß mit ihrem kleinen Kind da und starrte mich fragend an. Ich murmelte so was wie „: ich gehe mich jetzt ertränken, passt du so lange auf mein Kind auf?“…Sie lachte „: Willkommen in der Trotzphase!“…Dafür hatte ich nur ein müdes Lächeln übrig.

Der Tag war die reinste Katastrophe…als wir im Wasser waren fing sie an Kinder anzuspritzen, zu schlagen und Spielsachen wegnehmen…die Mütter schüttelten nur den Kopf. So richtig auf die Art „hat sie ihr Kind nicht unter Kontrolle“. Ja…an dem Tag hatte ich nichts unter Kontrolle…ich sollte auch bald merken, dass ich auch mich bald nicht mehr unter Kontrolle haben sollte.

Das blöde ist ja, dass man in solchen Momenten eh schon am Limit ist und dann noch von den Mamas doofe Blicke kassiert. Ich finde, wir sitzen alle im selben Boot…halten wir doch zusammen!?

Als es spät wurde packte ich wieder die Sachen in die Tasche…diesen Teil lasse ich jetzt, genauso wie den mit den Schuhen, aus. Vielleicht verfasse ich ja mal einen eigenen Blogeintrag, in dem es nur ums Schuhe anziehen geht oder in den Autositz setzten und…never ending story.

Am Parkplatz angekommen, Olivia auf dem rechten Arm, die schwere Schwimmtasche schnürte mir den linken Arm ab. Die Sonne brennte wie Feuer auf meinem Nacken. Und wieder ging es los, Olivia wollte nicht in den Autositz. Sie will daneben oder am besten auf dem Fahrersitz Platz nehmen. Sie sprang aus dem Auto und lief drei Runden um das Auto, ich hinterher. Sie schimpfte, ich schimpfte. Ihr könnt euch das im Zeitraffer vorstellen. Ich erwischte sie und versuchte sie erneut in den Sitz zu bekommen. Sie schrie wie am Spieß. Alles versuchte ich, mit dem Handy ablenken, singen, Bestechung mit Schoko, ja man könnte sagen ich fuhr die schweren Geschütze auf. Nichts half, den Schnuller warf sie mir ins Gesicht und bog sich durch wie ein Kipferl aus Stahl.

Ich atmete tief durch, aber in meinem Kopf pochte und krachte es. Aus meinen Ohren kam glaube ich sogar Dampf, wie eine Komikfigur die kurz davor ist zu explodieren. Roter Kopf und Schweißperlen auf der Stirn.

Nach einer weiteren halben Stunde war das Kind dann endlich im Kindersitz. Allerdings hörte das Geschrei nicht auf. Ich stieg ins Auto und fuhr los. Die Lautstärke mit der Olivia ihren Wiederwillen klar machte, brachte meine Ohren zum Zittern. Da war es! Ich verlor die Kontrolle! Ich verließ die Rolle als Mutter und wurde zu einem verletzlichen Mensch der die Nerven wegwarf. Ich drehte mich um und schrie sie an! Ja! Ich schrie sie an, dass sie endlich aufhören soll! Ich blieb mit dem Auto, ein paar Meter weiter, stehen und war geschockt. Mit weit aufgerissenen Augen sah mich mein Kind an. Sie erschrak…vor mir…vor ihrer Mama. Olivia begann sofort zu weinen. Es traf mich wie ein Blitz, oh Mann was habe ich getan. Ich warf die Hände über das Gesicht, schwer, als ob es nicht meine eigenen wären, fielen sie in meinen Schoß, und ich drehte mich wieder zu Olivia um. Ich stieg aus dem Auto aus und nahm sie aus dem Sitz. Ich umarmte sie ganz fest. Ich entschuldigte mich bei ihr. Fast zwanzig Minuten standen wir an der Seite und ich tröstete mein Kind.

Sie beruhigte sich. Und wie von Geisterhand ließ sie sich ins Auto setzen. Wir fuhren nach Hause. Der Abend war ruhig, keine Ahnung an was es lag. Vielleicht war an dem Tag bei uns beiden dann einfach echt die Luft raus.

Zerfressen von Schuldgefühlen saß ich mit meinem Mann auf der Terrasse und erzählte ihm alles. Er sagte nur „: Wenn du dich entschuldigt hast, dann ist doch alles gut?!“…Männer denke ich, sehen oft nicht den einzelnen Vorfall sondern das Gesamte, er fügte mit einem Schulterklopfen hinzu „: Du bist eine so liebevolle und ruhige Mama, Olivia wird’s dir verzeihen!“

Ich bin nach über einem halben Jahr noch immer nicht ganz durch mit dieser Sache. Ich habe damals sehr viel in Foren im Internet gelesen…es kamen solche Dinge wie „Wie kann man sein Kind nur anschreien, Rabenmutter“ oder „Das ist mit körperlicher Gewalt gleichzusetzen“. Das hat alles nur noch verschlimmert… Mir ist absolut klar, dass ich einen Fehler gemacht habe, den ich bereue. Damals machte sich in mir das Gefühl breit, dass ich das nie wieder gut machen kann. Ich habe mir auch überlegt, ob ich das hier schreiben will und soll, ich denke jeder möchte, auch nach außen, die perfekte Mama sein. Und doch ist „Fehlermachen“ das Beste was uns passiert. Von Kind auf lernen wir nur aus Fehlern. Genau das macht uns zu guten Menschen. Die wahre Stärke ist, dahinter zu stehen und diesen kein zweites Mal zu machen.

Manchmal wird es aber auch mal einer Mutter zu viel.

Aristoteles sagte 600 v. Chr: „Wenn du ein pflegeleichtes Kind willst, zeuge es bei Südwind.“ Viele Eltern warten auf diesen Südwind (lacht). Den selbst auferlegten Perfektionismus hinter sich zu lassen, ist ein ganz zentraler Gedanke, den auch Eltern akzeptieren müssen. Denn das Ergebnis von Erziehung ist wirkungsunsicher: Du weißt nicht, was rauskommt. Für Eltern gehört es dazu, nicht alles im Griff zu haben. Jan-Uwe Rogge weiter lesen

Eure Hannah

Wir lieben Kekse!
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